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Seit der vom BBK-Oldenburg 2016 initierten Gruppenausstellung "Papier" beschäftige ich mich mit dem Werkstoff Papier/Pappe. In meiner Werkreihe  PAPERWORKS wird das Papier von mir gepunzt, gestochen, geschnitten, gefaltet oder belichtet. 

In meiner Werkreihe STOCKBILDER entfernte ich mich schon von der Zweidimensionalität der Leinwand und das Licht stellte einen wichtigen Aspekt dar. Nun erhält dieses auch in den PAPERWORKS noch stärkere Bedeutung, ebenso verlasse ich die Zweidimensionalität des Papierblattes und erreiche eine reliefartige, plastische Wirkung durch Punzen und Falten.

Beim Punzen bilden sich aufblühende Papierstrukturen. Bei den Werken, in denen die Punkte im Quadrat oder Kreis gesetzt wurden, wölbt sich der Werkstoff und nimmt Reliefformen an. Durch Stechen oder Schneiden und anschließendes Falten entstehen durch den Schattenwurf des Lichts ornamentale und  plastische Strukturen.

Neben Licht, Schatten, Rhythmik und Struktur liegt mein Augenmerk auch - als weitere Dimension - auf dem Effekt von Ruhe und Konzentration. Dies erreiche ich dadurch, dass ich nur weisses Papier als Werkstoff verwende und trotz dieser Beschränkung neue Wirkungen erreiche:

Bewegung und Räumlichkeit, serielle Wiederholungen, Proportionalität, Rhythmisierung, Spannung und Entspannung, Essentialität und Materialforschung.

Beim Belichten von holzhaltigem Papier (Finnpappe) arbeitet das Licht gänzlich für mich.

Die der MinimalArt nahestehenden PAPERWORKS sind ein Gegenentwurf zur heutigen Reizüberflutung, sie begegnen der ständigen Überforderung des Nervensystems durch eine gezielte Reizminderung: Indem wir eine bewusste Selektion unserer Wahrnehmung betreiben und uns auf die Möglichkeit einer Konzentration - vielleicht sogar einer Versenkung in das Bild - einlassen.

 

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Die PAPERWORKS entwickeln sich von der Fläche zur Form. Sie werden zu einem Zwitterwesen, das zwischen zweidimensionalem Tafelbild und dreidimensionalem Objekt wechselt, wobei das Papier durch Punzen,Schneiden und Falzen in Plastizität transformiert.

Es entstehen Pattern, Verwerfungen, repetitive Strukturen, Reihungen und minimale Bewegungen, die einen mehr oder weniger starken Rhythmus erzeugen. Im Spannungsverhältnis Modularität und Kreativität wird die Frage untersucht: Wie kann innerhalb eines Systems gegen dieses gespielt werden, wie kann es kreativ genutzt werden?

Eine weitere Komponente nimmt das Licht und der dadurch erzeugte Schattenwurf ein. So verändert sich die Bildstruktur, unmerklich bei natürlichem Licht im Laufe eines Tages oder bei einer fixierten künstlichen Lichtquelle, merklich durch die bewusste Bewegung des Betrachters um das Objekt. Geradezu eine tänzerische Wirkung wird in den Videos erreicht, bei denen zu Musik die Lichtquelle (Strahler) bewegt und dadurch das Paperwork optisch zum Leben erweckt wird.

 

Themen, die in den PAPERWORKS behandelt werden, tauchen schon in meinen früheren Arbeiten auf:

- In den aufgenähten Leinwänden (ab 1985), bis zu vier aufeinander genähte Leinwandflächen,   findet der erste Versuch statt, die Zweidimensionalität der Bildfläche zu verlassen, hin zu  einem zarten Relieffcharakter.

- In den "Gekratzten Rhythmen" (ab 2000, kleinformatige Wachsscrafitti ) wird das Verhältnis von Fläche und Rhythmus untersucht.

- Die STOCKBILDER (ab 2000) erweitern dann den Bildraum auf die dahinterliegende Wand, Rhythmik wird durch Bündelungen und Schichtungen erreicht, durch den Schattenwurf der Haselnussruten gewinnt das Licht zunehmend an Bedeutung. Die Werke heben sich immer stärker von der Bildfläche ab und verlassen diese teilweise in der Art, dass sich vor der Leinwand gitterähnliche Aufbauten befinden. Schließlich stehen dann turmähnliche Gebilde auf der nun als Sockel dienenden Leinwand, frei als Skulptur im Raum.

 

Folgende Künstler und Kunstrichtungen haben mich bei den PAPERWORKS inspiriert:

Paul Klee (1879-1940), seine Werke mit starkem rhythmisch-additivem Bezug z.B."Pastoral",                 "Junger Garten", "Bergdorf", "Kamel in rhythmischer Baumlandschaft".

Josef Albers (1888-1976) Experimente mit Farben, Formen, Linien und Flächen.

                   Werke: Systemische Reihen wie "Hommage to the Square".

Victor Vasarely (1906-1997), sein plastisches Alphabet, in dessen geschlossenem Kanon die

                   Grundform Quatrat, mit Kreis, Ellipse, Rechteck, Raute und Dreieck kombiniert wird.

      Werke: "Alphabet VR", "Bora III", "Composition Carree Relief".

Jan Schoonhoven (1914-1994) er war Mitbergründer der holländischen Künstlergruppe Nul und OREZ. Ähnlich wie bei der Künstlergruppe ZERO wird eine Vermeidung von

                   Präferenzen im Bild angestrebt, um eine isolierte Realität zu vermitteln. Wiederholungen

                   und Reihungen sind Themen in den Arbeiten.

                   Werke: "R 71-24", "Tegengestelde Vlakken", "R 72-35".

 

Von weiterem Interesse sind die Kunstrichtungen MinimalArt, mit ihrer Reduzierung auf einfache, übersichtliche geometrische Grundstrukturen und seriellen Wiederholungen. Künstler: Sol LeWitt, Donald Judd, Richard Sierra, Frank Stella. Ebenso die Musikrichtung MinimalMusic mit ihren Pattern, repetitiven Strukturen, Phasenverschiebungen, geringem Spannungsaufbau und wenig Veränderungen. Musiker: Steve Reich, John Adams, Max Richter, Terry Riley, Philip Glass.

Papier 1,  2016  26x26cm

Papier 2 , 2016  40x30cm

Papier 3 , 2016  22x22cm

Papier 4 , 2016  22x22cm

Papier 5 ,  2016  20x20cm

Papier 6 ,  2016  20x20cm

Papier 7 , 2016 40x30cm

Papier 8 , 2016  30x30cm

Papier 9 ,  2016  30x30cm

Papier 10 , 2016 30x30cm

Papier 11 2018 30x30cm

Papier 12  2018 30x30cm

Papier 13  2018  30x30cm

Papier 14 2018 40x40cm

Papier 15  2018 40x40cm

Papier 16  2018  20x30cm

Papier 17 20x20cm  2020

Papier 18  30x30cm  2020

Papier 19  30x40cm  2020

Papier 20  30x40cm  2020

Papier 21  30x40cm  2020

Papier 22  20x20cm  2020

Papier 23 20x20cm 2020

Papier 24 20x20cm 2020

Papier 25 20x20cm 2020